Wer vom Messeschnellweg in Richtung Innenstadt abbiegt, gelangt an der Pferdeturm-Kreuzung automatisch auf die Hans-Böckler-Allee, die bis zum Braunschweiger Platz führt. Benannt ist sie seit 1951 nach dem ersten Vorsitzenden des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Hans Böckler. Von 1819 - 1845 hieß die Allee Pferdethurmer Damm, bis 1951 dann Misburger Damm. An die Hans-Böckler-Allee grenzt zwischen Schwesternhausstraße und Bischofsholer Damm das Gelände der Tierärztlichen Hochschule.

Hans Böckler

Hans Böckler

Als er am 13. Oktober 1949 in München zum ersten Vorsitzenden des neugegründeten Deutschen Gewerkschaftsbundes gewählt wird, hat Hans Böckler das Rentenalter bereits weit überschritten. Aber Böckler ist in den von den Nazis stark dezimierten Reihen der organisierten Arbeiterbewegung derjenige, der über alle Grenzen hinweg uneingeschränkten Respekt genießt. Hans Böckler ist einer der Wenigen, die sich bereits 1930 vehement für die Bewaffnung des Reichsbanners einsetzen, um dem Terror der Nazi-Banden mit wirksamen Mitteln Paroli bieten zu können.

Geboren wird Hans Böckler am 26. Februar 1875 im mittelfränkischen Örtchen Trautskirchen. Der Vater ist Landarbeiter, seine Mutter muss als Waschfrau zum kärglichen Familieneinkommen beitragen. Als Hans Böckler 13 Jahre alt ist, stirbt der Vater. Der Junge muss die Schule abbrechen und sein Wunsch Mechaniker zu werden, geht nicht in Erfüllung. Stattdessen kommt er zur Lehre bei einem Gold- und Silberschläger. Im ersten Lehrjahr erhält er eine Vergütung von 50 Pfennigen, im zweiten glatt das Doppelte. Niemand braucht ihm das schwere Los der Proletarier zu erklären; er erfährt es am eigenen Leib.

1894 organisiert sich Hans Böckler in Fürth im Deutschen Metallarbeiter-Verband und in der SPD. Schon bald wird er zum Vorsitzenden des örtlichen Gewerkschaftskartells gewählt, und damit beginnt für den Autodidakten eine beispiellosen Karriere, die ihn über das Saarland, Schlesien und Ostpreußen nach Köln führt, wo er 1920 als erster Bevollmächtigter des Metallarbeiter-Verbandes tätig wird. 1924 wird Böckler in den Rat der Domstadt gewählt, 1928 in den Reichstag, dem er bis zur Machtübertragung an die Nazis angehört. Hans Böckler versucht, die Nazi-Herrschaft im Abseits auszusitzen, aber das gelingt nur bedingt. Mehrfach wird er verhaftet und in sogenannte Schutzhaft genommen. 1944 muss Böckler wegen seiner guten Kontakte zu Wilhelm Leuschner untertauchen, der zum engeren Kreisauer Kreis des Widerstands gegen Hitler gehört.

Rückblickend schreibt Hans Böckler nach der Zerschlagung der Nazi-Herrschaft:

„In der Nazizeit habe ich einfach meine Pflicht getan, war wiederholt in Schutzhaft und wurde, wie so viele andere, wirtschaftlich vernichtet. Meine jetzige Tätigkeit ist nach Wiederaufnahme Fortsetzung der früheren.“

Böcklers Ziel, - aus den Erfahrungen zwischen den Weltkriegen gespeist - eine Allgemeine Gewerkschaft zu gründen, wird von den Besatzungsmächten nicht geduldet. Die favorisieren die Organisation in Industrieverbänden und leiten damit die Bildung von fachgebundenen Einzelgewerkschaften ein. Die schließen sich zunächst in den Besatzungszonen zum Gewerkschaftsbund zusammen und am 13. Oktober 1949 in der noch jungen Bundesrepublik Deutschland zum Deutschen Gewerkschaftsbund.

Als erster DGB-Vorsitzender knüpft Hans Böckler an die gewerkschaftlichen Zielsetzungen aus den 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts an und kämpft trotz angegriffener Gesundheit unermüdlich für die Mitbestimmung. In einem Brief an Bundeskanzler Konrad Adenauer schreibt Böckler:

„Nach den Erfahrungen der letzten dreißig Jahre dürfte es klar sein, dass es in Deutschland eine in allen Lebensbereichen verwirklichte Demokratie geben muss, wenn sie nicht wieder zugrunde gehen soll.“

Drei Wochen vor seinem Tod erzielt Hans Böckler am 25. Januar 1951 nach langwierigen Verhandlungen mit Konrad Adenauer die Montanmitbestimmung für die Eisen- und Stahlindustrie und den Bergbau. Böckler stirbt am 16. Februar 1951 in Düsseldorf. Begraben wird Hans Böckler auf dem Melaten-Friedhof in Köln. Auf seinem Grabstein wird Georg Herweghs Leitspruch für die kämpfenden Proletarier eingemeißelt:

„Alle Räder stehen still, wenn dein starker Arm es will.“

1977 benannte der Deutsche Gewerkschaftsbund ihre Mitbestimmungsstiftung nach Hans Böckler, und folgte damit Kurt Schumacher, der Böckler als einen der großen Söhne der deutschen Arbeiterklasse bezeichnet hatte, die aus dem Bewusstsein der Nation nicht hinwegzudenken sind.

Hans Böckler. Quelle: Archiv der sozialen Demokratie, Nr. F209-1514-822


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